Flexibilität in der Niederspannung sicher ansteuern

Netzengpässe sind heute überwiegend durch die sich verändernde Erzeugungsstruktur bedingt. Auf Ebene der Niederspannung gewinnen zusätzlich Verbraucher an Relevanz – z. B. Elektromobilität, Wärmepumpen und Speicherheizungen. Im Rahmen des Projekts WindNODE wurde im Zeitraum bis 2020 eine Steuerungstechnologie für die Niederspannung weiterentwickelt und im Reallabor getestet – der „StromPager DX“ von IK Elektronik.

Projektpartner: Stromnetz Berlin GmbH und Bosch.IO GmbH.

(Text und Bilder: Stromnetz Berlin)

Besondere Herausforderungen für Flexibilität vor Ort

Viele flexible Anwendungen befinden sich in der Niederspannung. Für eine Vielzahl an kleinteiligen Flexibilitätspotenzialen sind massentaugliche, sehr gut skalierbare Technologien erforderlich. In diesem Bereich des Stromnetzes gibt es keinerlei private Datennetze der Netzbetreiber. So ist mit den unterschiedlichen Einbausituationen vor Ort die Erschließung der Anlagen über nur eine Kommunikationstechnik kaum möglich. Bei breitbandigen Technologien zur Übertragung der Daten müssen Abstriche bei der Erreichbarkeit der Einzelanlagen gemacht werden, da diese Technologien oft keine idealen Eigenschaften zur Gebäudedurchdringung besitzen. Mobilfunkstandards wie 4G können nicht in jeden Keller vordringen. Aus netztechnischer Sicht kommt hinzu, dass Anlagengruppen abgerufen werden. Jede Anlage für sich führt bei Schaltungen zu keinen technischen Problemen. Jedoch kann eine ganze Gruppe an einem Netzstrang, die sich synchron verhält, zu Überlastungen des Netzes führen. Deshalb ist für die Niederspannung die Betrachtung von Anlagengruppen zwingend notwendig.

Vorteile vereinen mit dem Pager DX

Seit 2014 wird in Berlin Schaltung in der Niederspannung mittels StromPager realisiert. Physikalisch handelt es sich dabei um eine unidirektionale Schmalbandtechnik, die über eine sehr geringe Bandbreite verfügt. Allerdings wäre für Einzelbefehle (anders als bei Gruppenschaltungen) eine breitbandige Punkt-zu-Punkt-Verbindung effizienter. Das Smart Meter Gateway kann eine solche Verbindung über eine gesicherte Infrastruktur bereitstellen. Wenn der StromPager über diesen Kanal angeschlossen werden kann, wären die Vorteile beider Technologien nutzbar.

StromPager DX von IK Elektronik bei WindNode - Schema

Neben der Realisierung einer höheren technischen Effizienz wurde die Steuerung für andere berechtigte Marktpartner ermöglicht. Im Zuge von WindNODE wurde das Backendsystem der Pagerfunkrundsteuerung (PFR) von Bosch.IO dahingehend verändert, dass externe Marktteilnehmer gesichert auf die freigegebenen Steuereinheiten zugreifen können. Diese können sie nach eigenen Kriterien organisieren. Die Parametrierung erfolgt nach Freigabe durch den Netzbetreiber, sodass gewährleistet ist, dass keine netzkritischen Konzentrationen von gruppierten Anlagen im System vorliegen.

Auf diese Weise ist eine erste Stufe der Koordinierungsfunktion auf Betriebsebene entstanden. Diese ermöglicht jedem berechtigten Marktpartner die Aussendung von Steuerungsbefehlen, ohne dabei selbst ein zertifiziertes Leitsystem als aktiver externer Marktteilnehmer (EMT) gemäß BSI TR-03109 zu betreiben. Auf diese Weise teilen sich die Marktpartner ein Feldgerät. Diese Hybridlösung aus intelligentem Messsystem und gesichertem Broadcast erfüllt somit auch die Türfunktion für Mehrwertdienste über die zukünftige Smart-Meter-Gateway-Infrastruktur.

Im Reallabor WindNODE werden die StromPager DX gemeinsam mit unterschiedlichen Konsortialpartnern getestet. So sollen die neuen Geräte in verschiedenen Quartieren zum Einsatz kommen und die entsprechenden Anwendungsfälle der Partner umsetzen. Ein Anwendungsbeispiel ist die Vorgabe einer Schaltrichtung per Relais, nach der sich das Energiemanagement vor Ort richten kann. Auf diese Weise wäre es möglich, Anlagen nach einem übergeordneten Ereignis aus höheren Spannungsebenen wie der Prognoseabweichung von erneuerbaren Energien auf der Ebene Übertragungsnetzbetreiber (ÜNB) auszurichten.

1,9 Mio. Anlagen werden bereits heute in der Niederspannung durch Bestandstechnik gesteuert.

Ausblick: Ein technologischer Beitrag für Netzsicherheit und Partizipation

Flexible Verbraucher wie die Ladeinfrastruktur für Elektromobilität sollen schnell in die Stromnetze integriert werden. Hierfür soll die bestehende Netzkapazität optimal ausgenutzt sowie der notwendige Netzausbau optimiert werden. Um die Sicherheit der Stromversorgung zu gewährleisten, muss die Steuerung zuverlässig funktionieren. Technologisch können die StromPager einen Beitrag leisten, um Flexibilität in der Niederspannung sicher und effizient nutzbar zu machen.

WEITERE INFORMATIONEN

StromPager bei WindNode
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ANSPRECHPARTNER

Jan-Erik Kunze, IK Elektronik

Jan-Erik Kunze:
Geschäftsführer, Leiter Entwicklung und Leiter Personal

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