StromPager DX sorgt im Projekt FLAIR² für optimale Energienutzung in Haushalten

Im Projekt FLAIR² erproben die LEW Verteilnetz GmbH in Augsburg und die Stromnetz Berlin GmbH zusammen mit weiteren Projektpartnern eine intelligente Laststeuerung in Energienetzen mit weitgehend autonom arbeitenden Steuereinheiten. Dabei wird als zentraler Baustein der StromPager DX von IK Elektronik in einer für das Projekt angepassten Version eingesetzt.

Projektpartner: Hochschule München, LEW Verteilnetz, Stromnetz Berlin, e*Message W.I.S. Deutschland

(Text und Bilder: Auszüge aus „50,2 Magazin“, Ausgabe 03.2021)

Dezentrale Energieversorgung mit erneuerbaren Energien

Rund 95 Prozent der Erneuerbare Energien-Anlagen in Deutschland speisen in die regionalen Stromverteilnetze ein. Im 7.000 km² umfassenden Versorgungsgebiet der LEW Verteilnetz GmbH (LVN) in Bayerisch-Schwaben und Teilen Oberbayerns zum Beispiel sind rund 85.000 Photovoltaikanlagen angeschlossen. In der Bundeshauptstadt speisen verteilt auf ca. 900 km² Fläche etwa 10.000 dezentrale Erzeugungsanlagen elektrische Energie in das Berliner Stromnetz ein. Sonne und Wind erzeugen Energie jedoch nach Wetterlage und nicht nach Bedarf. Eine Folge der wachsenden Zahl dezentraler Anlagen: In die Ortsnetze wird immer häufiger weit mehr Strom eingespeist, als die lokal angeschlossenen Verbraucher zur gleichen Zeit aus dem Netz beziehen. Im Netzgebiet von LVN beispielsweise liefern die dezentralen Erzeugungsanlagen mittlerweile an mehr als jedem zweiten Tag regional mehr Strom als aktuell verbraucht wird. Das LVN-Netz speist dann temporär mit einer Leistung von bis zu 1,1 GW in das Übertragungsnetz. Das belastet das Stromnetz. Effizienter und netzdienlicher ist, die Energie so gut wie möglich vor Ort zu nutzen. Energieüberschüsse können durch flexibel gesteuerte Wärmepumpen, Speicherheizungen oder Wallboxen zum Aufladen von Elektrofahrzeugen genutzt werden. So werden in Netzen ohne Einspeisung auch die beispielsweise durch gleichzeitiges Laden auftretenden Leistungsspitzen abgemindert.

Das Projekt FLAIR²

Die Energienetze an diese Herausforderung anzupassen ist das Ziel des Forschungs- und Entwicklungsprojekts FLAIR² („Flexible Anlagen intelligent steuern“), das von LEW Verteilnetz GmbH, Stromnetz Berlin GmbH und weiteren Projektpartnern ab 2021 umgesetzt wird. Dabei soll nicht in die Heimautomatisierung der Haushalte bei ihrem Energiemanagement eingegriffen werden. Mit FLAIR² soll eine freiwillige Optimierung im Niederspannungsnetz erreicht werden. Vertraglich vereinbarte Freigabezeit und Mindestladezeiten von Verbrauchseinrichtungen sollen einhalten werden.

Intelligente Verbrauchssteuerung

Herzstück des Konzepts sind weitgehend autonom arbeitende Steuerboxen, die in den einzelnen Haushalten installiert werden. Die Geräte bestehen aus einem eigens entwickelten FLAIR²-Steuerungsmodul, das durch die Hochschule München und IK Elektronik realisiert wird. Die FLAIR²-Steuerung kann mithilfe des angebundenen Home Energy Management System (HEMS) steuerbare Verbrauchseinrichtungen wie Wärmepumpen, Speicherheizungen und Wallboxen für Elektrofahrzeuge einbinden. Nach der Einrichtung gibt die FLAIR²-Steuerung Signale, die vom im Modul integrierten Algorithmus erzeugt werden, an das Energie-Management-System weiter. Indikator soll dabei zunächst die Spannung sein: Die Steuerbox ist mit einem Messsystem ausgestattet, das kontinuierlich die lokalen Netzzustandsdaten erfasst. Steigt die Spannung an, deutet dies darauf hin, dass zum Beispiel Photovoltaikanlagen gerade Energie in den entsprechenden Leitungsabschnitt des Ortsnetzes einspeisen. Die FLAIR²-Steuerbox versucht dann, den Energieverbrauch im Haushalt dem Netzzustand entsprechend anzupassen, in dem sie dem Home Energy Management System temporär einen maximalen Leistungsbezug vorgibt.

Prinzipichaltbild - StromPager DX im FLAIR2 Projekt

Haushalte entscheiden

Neben den aktuellen Netzzustandsdaten berücksichtigt das System auch Informationen zur Art der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen und den vereinbarten Vertragsbedingungen. Freigabe- und Mindestladezeiten werden so eingehalten. Wie und in welchem Umfang ein Haushalt die Flexibilisierung seines Bezugs umsetzen will, entscheidet er über sein Energie-Management-System selbst. Die Steuerbox arbeitet im Normalbetrieb autark. Eine Kommunikation mit der Leitstelle des Netzbetreibers soll bei Bedarf jedoch möglich sein. Ist eine überregionale Steuerung, beispielsweise zur Erhaltung der Netzstabilität erforderlich, soll das Gerät über das e*Message-Funknetz oder zukünftig auch über ein Smart Meter Gateway (SMGW) angesteuert werden können.

Lokale Ressourcen effizient nutzen

Die FLAIR²-Steuerboxen sollen Fahrpläne generieren, die den individuellen Vorgaben des Haushalts und dem lokalen Netzzustand so gut wie möglich angepasst sind. Neben der Effizienz einer dezentralen Verbrauchssteuerung bietet das autark arbeitende System, unabhängig von der Zuverlässigkeit von Kommunikationsverbindungen, auch eine sichere Rückfallebene. Es kann Smart-Grid-Ansätze ergänzen und dazu beitragen, Engpässe im Niederspannungsnetz zu vermeiden und so das System insgesamt robuster zu machen. Um die Komplexität der Netzführung so gering wie möglich zu halten wird dezentrale Intelligenz verwendet.

Feldversuche in Bayerisch-Schwaben und Berlin

Ab Winter 2021 wollen die FLAIR²-Partner ihr intelligentes Steuerungssystem in insgesamt rund 120 Haushalten im Praxiseinsatz erproben – jeweils 60 im LVN-Netzgebiet in Bayerisch-Schwaben sowie bei 60 Haushalten im Berliner Stromnetz. Die beiden Netze unterscheiden sich stark in der Netztopologie und der Erzeugungsstruktur: Ein ländlich strukturiertes Netz mit einer hohen Durchdringung von Photovoltaik-Anlagen auf der einen Seite sowie das verdichtete Stromnetz der Hauptstadt mit künftig vielen Elektrofahrzeugen und Quartiers-Lösungen auf der anderen Seite. So wollen die Projektpartner sicherstellen, dass der Feldversuch aussagekräftige Ergebnisse nicht nur im Vergleich Großstadt mit ländlichem Raum, sondern für möglichst viele Netztypen liefert. Bei der Auswahl der Netzabschnitte für den Feldversuch berücksichtigen sie weitere Kriterien: zum Beispiel Ortsteile mit einer hohen Durchdringung von Wärmepumpen oder Elektrofahrzeugen, Ortsnetze, in die sehr viele dezentrale Photovoltaik-Anlagen einspeisen, aber auch Netzabschnitte, die in allen Kriterien den Durchschnitt repräsentieren.

Die Pilothaushalte des FLAIR²-Projekts erhalten die Steuerboxen kostenfrei zur Verfügung gestellt. Um valide Messdaten für die Forschung zu erhalten, sind die Steuerboxen während des zweijährigen Feldversuchs über eine gesicherte Internet-Verbindung mit der Hochschule München vernetzt und übermitteln minütliche, pseudonymisierte Spannungs- und Strommesswerte. Nach Auswertung des Feldtests soll wissenschaftlich fundiert festgestellt werden, inwiefern ein dezentraler Ansatz einer netzzustandsbasierten Steuerung Vorteile beziehungsweise Nachteile gegenüber dem zentralen Ansatz bringt und welche Anforderungen an ein Serienprodukt zu stellen wären.

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ANSPRECHPARTNER

Jan-Erik Kunze, IK Elektronik

Jan-Erik Kunze:
Geschäftsführer, Leiter Entwicklung und Leiter Personal

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